Erläuterungen zum Leitbild
Wir orientieren unser Handeln an der Bibel.
Wir nehmen den einzelnen Menschen wahr.
Darin sehen wir unseren Auftrag in der Nachfolge Jesu.
Wir schauen Not, Leid und Schwäche als Teil des Lebens ins Gesicht.
Wir wenden uns nicht ab, sondern lassen uns anrühren.
Dazu befähigen uns das Leiden und Sterben Jesu am Kreuz.
Seine Auferstehung schenkt uns den Glauben an die Überwindung des Todes.
Aus dieser Hoffnung handeln wir, auch in Krisen, die uns mitten im Leben begegnen.
Durch den Heiligen Geist ist sie in uns lebendig.
Unser Glaube spricht durch Taten. Er zeigt sich in der Art, wie wir tun, was wir tun.
Wir geben weiter, was wir von Gott empfangen. Es ist das Besondere christlicher Auferstehungshoffnung, Bruchstückhaftigkeit als Teil und Kennzeichen menschlichen Lebens anzunehmen.
Wir leben in der Gewissheit, dass Gottes Wort uns mit der Hoffnung auf Überwindung allen Leides und des Todes dann aufrichtet, wenn wir am Ende sind.
Wir achten die Würde jedes Menschen.
Die Bibel nennt den Menschen, Mann und Frau, das "Ebenbild Gottes".
Gott will und liebt jeden Menschen, unabhängig davon, was er ist und was er kann.
Er nimmt ihn an auch im Scheitern und in der Schuld.
Daran richten wir unser Handeln aus.
Wir treten besonders für Menschen ein, deren Würde missachtet wird.
Gott traut uns zu, solidarisch zu handeln, das Recht der Schwachen und Fremden zu achten und jedem Gerechtigkeit zukommen zu lassen.
Dies gibt uns Kraft, den Menschen vorbehaltlos anzunehmen.
Diakonisches Handeln fragt nicht nur nach dem, was der Mensch braucht, sondern auch nach dem, was er will. Menschen können zwar würdelos handeln, aber dennoch ihre Würde nicht verlieren, weil Gott in Jesus Christus den Menschen auch in seinem tiefsten Scheitern angenommen hat. Diese Überzeugung verpflichtet uns im diakonischen Handeln.
Zur Würde des Menschen gehört, dass Anfang, Mitte und Ende des Lebens in Gottes Hand liegen.
Die Einsicht in Versagen und Schuld der Vergangenheit schärft das Gewissen.
Wir leisten Hilfe und verschaffen Gehör.
Wir begleiten und beraten Menschen in allen Lebenslagen.
Wir pflegen und heilen, trösten, stärken und fördern sie und bilden sie aus.
Zugleich erheben wir unsere Stimme für diejenigen, die nicht gehört werden.
Gemeinsam mit anderen treten wir für eine menschenwürdige Gesetzgebung, chancengerechte Gesellschaft und eine konsequente Orientierung am Gemeinwohl ein.
Gerade in Zeiten des Umbruchs halten wir an der Verheißung von Frieden und Gerechtigkeit fest.
Als Gebende sind wir auch Empfangende. Als Helfer sind wir zugleich Hilfsbedürftige.
Im gegenseitigen Geben und Nehmen erleben wir Gemeinschaft und entdecken, dass Glaube und Persönlichkeit wachsen. Wir verstehen helfende Beziehungen umfassend als Für-, Vor- und Nachsorge.
Dabei geht es uns sowohl um den Menschen in seiner persönlichen Situation als auch in seinen sozialen Verhältnissen. Deshalb ist die Integration Ausgegrenzter, Armer und Schwacher in die Gesellschaft - insbesondere die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - Anliegen vielfältiger diakonischer Initiativen.
Die Teilhabe aller am Leben in der Gemeinschaft ist unser Ziel.
Wir sind aus einer lebendigen Tradition innovativ.
Wir begegnen neuen Herausforderungen kreativ und innovativ.
In langer Tradition haben wir vielfältige Hilfeformen diakonischer Arbeit entwickelt.
Wir haben damit Sozialgeschichte gestaltet.
Diese Erfahrungen nutzen wir, um in einer sich verändernden Welt wirksam zu helfen.
Diakonie hat ihre Wurzeln im Glauben Israels und der frühen Christenheit. Seither haben sich Formen diakonischen Handelns über das Mittelalter und die Reformation hinaus erhalten und weiterentwickelt.
Evangelische Christen haben immer wieder die Not ihrer Mitmenschen gesehen und sich mit anderen zusammengeschlossen, um diese Not zu lindern. Diakonie ist deshalb von jeher verknüpft mit der Sozialgeschichte am Ort und den Initiativen einzelner Persönlichkeiten. Der Kirchentag in Wittenberg 1848 war Auslöser, diese Initiativen in einem Dachverband der Inneren Mission zusammenzufassen.
Die Diakonie ist bis heute von Brüder- und Schwesternschaften geprägt, deren Mitglieder im Dienst am Nächsten und im gemeinsamen Leben verbunden sind. Unsere Tradition verpflichtet uns. Wir nehmen sie auf, übertragen sie in die Herausforderungen der Zeit. Wir entwickeln sie auf die Anforderungen der Zukunft hin weiter.
Wir sind eine Dienstgemeinschaft von Frauen und Männern im Haupt- und Ehrenamt.
Wir unterstützen einander in unserer täglichen Arbeit.
Dazu gehören Angebote der Sinngebung, der Glaubenshilfe und der Seelsorge.
Durch gegenseitige Information schaffen wir Vertrauen und Transparenz.
Wir fördern Eigeninitiative und fachliche Kompetenz.
Konflikte und Kritik nutzen wir als Chance, um unsere Arbeit zu verbessern.
Durch Aus-, Fort- und Weiterbildung sichern wir Professionalität.
Wir praktizieren und fördern die Gleichstellung von Frauen und Männern.
Als diakonische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wir bereit, dem Nächsten zu dienen.
Als diakonische Arbeitgeber schaffen wir den Rahmen, in dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haupt- und Ehrenamt ihre individuellen Begabungen und fachlichen Fähigkeiten entfalten und weiterentwickeln und einander ergänzen können.
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kommen auf verschiedenen Wegen zur Diakonie.
In unserer Dienstgemeinschaft lassen wir unterschiedliche Meinungen gelten. Konflikte tragen wir in gegenseitigem Respekt aus. Wir bleiben verpflichtet, theologisch begründet, sozial kompetent, fachlich qualifiziert, ökonomisch verantwortlich und ökologisch orientiert zu handeln.
Die Verknüpfung der Lebenswirklichkeiten im Osten und im Westen Deutschlands sehen wir als Geschenk und Herausforderung.
Wir sind dort, wo Menschen uns brauchen.
Als kirchliches Werk sind wir in den Auftrag der evangelischen Kirchen eingebunden.
Mit unserem Handeln verkünden wir die Menschenfreundlichkeit Gottes.
Als freier Wohlfahrtsverband sind wir Teil des Sozialsystems.
In kritischer Partnerschaft gestalten wir den Sozialstaat mit.
Diakonie hat Organisationsstrukturen auf Orts-, Landes- und Bundesebene.
Diese Strukturen sind gekennzeichnet durch so viel Stabilität wie nötig und so viel Flexibilität wie möglich.
Durch unsere Arbeit in den Kirchengemeinden, Diensten und Einrichtungen sind wir Menschen nahe. Selbsthilfegruppen und Initiativen finden bei uns ihren Raum.
Wir sind Kirche.
Diakonie erfahren heißt erkennen: Die Kirche lebt!
Diakonie ist Christ sein in der Öffentlichkeit.
Sie ist Wesens- und Lebensäußerung der evangelischen Kirchen.
Diakonie geht aus vom Gottesdienst der Gemeinde.
Sie ist gelebter Glaube, präsente Liebe, wirksame Hoffnung.
Diakonie macht sich stark für andere.
"Die Kirche steht unter dem Auftrag, durch ihre Verkündigung, durch ihr Sein und Handeln die im Evangelium von Jesus Christus bezeugte Liebe Gottes der Welt mitzuteilen" (Leitlinien zum Diakonat, Art. 1,1). Deshalb ist Diakonie nach einem Wort aus dem 19. Jahrhundert "Innere Mission".
Mit unserer Arbeit veranschaulichen wir das Evangelium und laden zum Glauben ein.
Wir setzen uns ein für das Leben in der einen Welt.
Aus Verantwortung für die Eine Welt wirken wir dort, wo Not herrscht.
Gerechtigkeit für die Armen, Bewahrung des Friedens und der Schöpfung sind Bausteine für eine gemeinsame Welt.
"Brot für die Welt", "Kirchen helfen Kirchen" und "Hoffnung für Osteuropa" sind unser Beitrag.
Diese Zusammenarbeit erleben wir als wechselseitigen Prozess und als Chance für uns selbst.
Wir sind in die weltweite Diakonie der ökumenischen Gemeinschaft der Kirchen eingebunden.
Wir begreifen die europäische Einigung als Chance und Herausforderung, Versöhnung zu leben und einen Ausgleich zu schaffen. Im eigenen Land haben wir Deutsche nach dem zweiten Weltkrieg auf vielfältige Weise aus anderen Ländern und Kirchen Hilfe erfahren.
Als Zeichen der Solidarität beteiligen wir uns heute am Netzwerk einer ökumenischen Diakonie.
Wir engagieren uns entwicklungspolitisch. Wir initiieren Projekte, die darauf zielen, auf Dauer Not zu verhindern. Wir fördern Strukturen, die Menschen zur Selbsthilfe befähigen.
Im grenzüberschreitenden Dialog versuchen wir Schranken abzubauen und Vertrauen zu schaffen.
Gemeinsam mit Partnern aus anderen Kirchen und Ländern übernehmen wir Verantwortung für soziale Gerechtigkeit, für die Bewahrung der Schöpfung und für die Erhaltung des Friedens.
Herz und Mund und Tat und Leben
Denkschrift der EKD Nr. 143, 1998