Porträt Karoline Röbisch
Wer mit der Diagnose Krebs leben muss, geht fast ausnahmslos durch eine Hölle. Verwandte und Freunde, die oftmals ebenso verzweifelt Mut und Hoffnung versuchen zu spenden, sind nicht selten überfordert. Doch was tun? Im Gesundheitsamt der Landkreisverwaltung auf der Dresdner Straße in Meißen arbeitet seit April eine junge Frau, die in einer solchen Situation helfen kann. Schon der erste Eindruck vermittelt ein hohes Maß an Empathie, was sich im Gespräch mehr als bestätigt.
Karoline Röbisch hat an der TU Dresden zunächst Psychologie studiert. Schon die Wahl der Fachrichtung lässt nach dem Warum fragen. Die Antwort überrascht bei einer Generation, die im Ruf steht, eher auf das Smartphone als in das Gesicht der Freunde zu blicken: „Schon sehr früh wollte ich hinter die Fassade schauen und habe dabei von Lebensjahr zu Lebensjahr mehr entdeckt. Der Beruf Psychologin zeigt Wege wie Grenzen, einen Menschen zu begleiten mit Motivation aber auch hilfreichen Informationen.“
Zum Thema der Masterarbeit gehörte die Auswertung einer Unmenge empirischer Daten zur beruflichen Rehabilitation und damit zu einem wesentlichen Teil gesellschaftlicher Teilhabe. Die berufliche Vita von Karoline Röbisch kennt keine exklusive Praxis mit Plüschcouch und Sekretärin. Zu den Stationen nach dem Studium gehörte eine Leipziger Wohngruppe junger drogengefährdeter Mütter mit kleinen Kindern. Keine leichte Aufgabe für eine Absolventin ohne Erfahrung auf diesem Gebiet. Ein Zusatzstudium mit viel Wissensvermittlung zur Psychotherapie half den Mangel zu kompensieren.
Karoline Röbisch verknüpft immer wieder Theorie und Praxis, ergänzt Gelerntes durch neues Wissen. Nach knapp zwei Jahren wechselte sie von Leipzig nach Radeberg und übernahm gemeinsam mit einer Kollegin ein Frauenprojekt der AWO. Die Teilnehmerinnen waren durchgängig langzeitarbeitslos, oftmals psychisch krank, zumindest demotiviert und vor allem voller Selbstzweifel.
Viele Details und Verhaltensmuster kannte Karoline Röber schon aus der Studienzeit. Zu dem Projekt gehörten Berufspraktika, das Trainieren einer effizienten Tagesstruktur, auch mal kleine Verwöhneinheiten für Seele und Körper. Fast alle Teilnehmerinnen hatten am Ende einen Arbeitsplatz. Als die Projektfinanzierung beendet war und es leider - wie oft üblich - keine Verlängerung gab, suchte Karoline Röbisch neue Herausforderungen.
Onkologische Erkrankungen mit einer Vielzahl an Therapiemöglichkeiten aber auch Nebenwirkungen waren der Psychologin aus der Arbeit mit Rehabilitanden bekannt. „Jetzt kommt das Coaching dazu“, erklärt Karoline Röbisch. Das stabile Krebsnetzwerk im Landkreis Meißen mit kompetenten Partnern ist eine von vielen Brücken. Bei der Beratung geht es vor allem auch um individuelle Hilfen. Zunächst kamen vor allem Klienten mit Wünschen nach einer Sozialberatung, wobei es fast immer um finanzielle Hilfen und Rehabilitation geht. Wer Vertrauen gefasst und die Komplexität der Krebserkrankung angenommen hat, sucht oftmals nach professioneller psychologischer Begleitung.
„In der Familie oder im Freundeskreis haben Patienten nach längerer Erkrankung häufig das Gefühl, keiner interessiere sich mehr so richtig für ihr Leiden. Nicht selten bin ich dann die Person, die neu zuhört, Details erfasst, über nächste Schritte diskutiert“, so die Psychologin. Sie möchte auch begleiten, längerfristig für ihre Klienten da sein. Die Psyche sei ein starker Helfer, so Karoline Röbisch. Sie möchte Raum für Themen anbieten, die aber von der anderen Seite benannt werden müssen. „Jede schwere Erkrankung ist eine traumatische Erfahrung. Der eine zieht sich zurück, ein anderer muss und will darüber reden“, erklärt sie. So wartet sie geduldig, welches Signal gesendet wird. Es ist immer auch eine Frage des Vertrauens. Und Karoline Röbisch gehört zu jenen Menschen, die auf diesem Weg bestimmt nicht enttäuschen. Telefon: 03521 725 3444
K. Thöns (Amtsblatt für den Landkreis Meißen/ 5. Oktober 2018)